1st Month Done - Resümee

01.08.2012 14:12

Wie die Zeit vergeht! Jetzt sind wir schon ein Monat hier, ein ganzes Monat voller neuer Erfahrungen und Eindrücke, tausenden Aha-Erlebnissen und vielen vielen Malen einfach nur zu schmunzeln oder etwas skeptisch zu schauen und zu sagen: „Das ist hier einfach anders.“ Ein kleines Resümee über unsere „What-the-hell-do-they-do-there?-Erfahrungen“:

Im Grunde sind Inder sehr sehr höfliche Menschen, zumindest nach aussen hin. Das Grüssen ist schon die erste Hürde: Während Gerhard mit fast schon überschwenglichem Händeschütteln begrüsst wird, wird von mir eher Abstand genommen, als Frau wird man da etwas ignoriert. Wenn also ein Inder mein Büro betritt (ich sitz mit 7 weiteren Indern als einzige Praktkantin im Büro) wird mal fleissig die Runde gegangen und Hände geschüttelt. Inzwischen mach ich mir einen Spass daraus immer schön brav, laut und deutlich, „Good morning, Sir!“, zu sagen (ich sitz mit meinem Schreibtisch ja auch genau in der „Einflugschneise“), um sie ein bisschen westlich zu erziehen, weil natürlich doch europäische Firma. Dann müssen sie (zwar eher unfreiwillig und mit etwas entrüstetem Blick) auch mitziehen, weil Höflichkeit oberstes Gebot.

Was uns in den ersten Tagen schon aufgefallen ist, dass es viele Homosexuelle hier gibt – dachten wir zumindest. Etliche Männer laufen Hand-in-Hand oder Arm-in-Arm herum. Aber Irrtum! Liebe ÖsterreichER: ECHTE MÄNNER laufen HÄNDCHENHALTEND durch die Strassen, als Zeichen von richtig tiefer Männer-Freundschaft. Dazu kann man ruhig stehen! (Es sieht aber auch jetzt noch gewöhnungsbeduerftig für uns aus!) Wobei man auch sagen muss, als Pärchen sollte man das vermeiden, das wird gar nicht gern gesehen. AHA!

Ja, verkehrte Welt, wo wir schon beim nächsten Thema wären: Die Rollenverteilung ist hier auch eine andere. Der Mann – als Oberhaupt der Familie – ist natürlich für die Geldbeschaffung zuständig, aber wie? Man sieht viele viele Frauen mit ihren auf den Rücken geschnallten Kindern Steine klopfen, schaufeln (und wie die lustig SCHAUFELN, kann man leider nicht Worte fassen – ein Video muss her! Wir mussten aber echt lachen, als wir das das erste Mal sahen), Sachen schleppen, waehrend die Herren der Schöpfung sich mit Näharbeiten, Wäscheservice, kochen und bügeln beschäftigen. (Natürlich ist‘s nicht bei allen so, es ist nur auffällig, dass viele Frauen richtig schwer arbeiten.)

So hat jeder seine Aufgaben. Und die Rangunterschiede werden sehr deutlich, auch im Büro ist es so. Es gibt eine Sekretaerin, die fuer Utensilien-Ausgabe zuständig ist. Wenn die auf Urlaub ist, hat man kaum eine Möglichkeit an einen Kuli oder Sonstiges zu kommen, weil andere Sakretärin nicht befugt auch wenn sie den Schlüssel hat. So muss man zum Beispiel auch 2 Tage auf einen PC warten, der zwar nur 2 Stockwerke weiter unten bereit steht, aber weil der IT-Chef keinen findet, der den PC ins Büro trägt, weil:“warum sollt er tragen, er ist ja Chef“. So läuft er lieber 2 Tage lang im Office rum und sucht einen Träger. Oder man wird vom Büro nebenan angerufen – als Frau natürlich – dass man zu ihm rüberkommen soll, oder er schickt einen Boten der einem das dann ausrichtet (weil warum sollt er die 10 m gehen?). Wenn er von Gerhard was braucht läuft er brav runter. Ebenso im Tunnel, zB wenn grade nichts zu schaufeln ist, steht der Schaufel-Beauftragte rum und sieht zu, wie sich die anderen abrackern. Egal welche Aufgabe die Leute hier bekommen, wenn erledigt dann mal rumstehen.

Vergangenes Wochenende mussten wir wieder feststellen, dass man als Weisser hier auffällt wie ein bunter Hund. In Manali ist das nicht so schlimm, aber wenn man in abgelegenere Gebiete kommt, wird man richtig (schon fast unverschämt) angegafft. Die Leute wollen ständig mit einem Fotos machen und man wird regelrecht umzingelt. Viele starren einen an und lachen. Kinder wollen einen immer antatschen. Man fühlt sich fast ein bisschen (sehr) wie ein Affe im Zoo – und keine Möglichkeit zur Flucht. Da wirds einem dann schon mal leicht ein etwas zuviel. Und wenn man dann das Weite sucht, laufen einem 20 Leute hinterher. Etwas anstrengend, vor allem weil man nicht genau weiss, wie man jetzt richtig reagiert, da uns immer gesagt wird, dass man die Distanz wahren soll, weil die Menschen hier alles anders interpretieren als wir. (Egal was man tut, sie nehmen an, dass man das mit jedem X-Beliebigen macht – deshalb auch kein öffentliches Händchenhalten bei uns.) Aber wir habens ganz gut überstanden.

Manchmal kommt man schon auf den Gedanken, dass die Leute hier nicht nur sehr faul, sondern auch ein bisschen nicht so schlau sind – zumindest kommt es einem so vor, aber das kann wohl nicht sein. Sie lassen sich zwar gern zeigen, wie es einfacher wäre seine Arbeit zu erledigen, aber sie machen‘s dann erst so, wie sie‘s gelernt haben bzw schon immer machen. Unsere Sekretärin lässt sich zum Beispiel auch nicht einreden, dass es mit einem Anschlaglocher viel einfacher ist (und vor allem geht’s schneller) viele viele Zettel auf einmal zu lochen. Da nimmt man doch lieber jeden Zettel einzeln in die Hand, faltet ihn schön und legt ihn im Mini-Locher an. So hat man dann viel viel Arbeitszeit investiert, wenn man so ein paar Mappen füllen soll. Naja, so wars immer und warum anders machen? Zeit hat keine Bedeutung hier.

Auch das Autofahren hat hier so seine Eigenheiten. Nicht nur, dass immer mit Vollgas geprescht und trotzdem alles auf de letzten Milimeter geht (was fast an ein Wunder grenzt, dass es kaum mal kracht), das vorausschauende Fahren wurde hier wohl noch nicht verbreitet. So sieht man zwar schon von Weitem, dass sich bereits ein Vehikel entgegen eigener Fahrtrichtung auf der einspurigen Brücke befindet, trotzdem wird raufgefahren bis Stoßstange an Stoßstange. Und dann wird diskutiert wer jetzt zurückschiebt und wer mehr Durchhaltevermögen beweist, siegt. Bis zur Entscheidung gibt‘s dann meist schon einen kleinen Stau und dann muss sich irgendwann eine Kolonne wieder zurückbewegen. Egal wo Stau ist, sie nutzen jeden Zentimeter, den sie weiterkommen, bis gar nix mehr geht und keiner mehr vorankommt. Dann stehen Autos, Motorräder, LKWs kreuz und quer, aber Hauptsache man ist weiter. 1 Meter vor und 2 zurück. Aber Hupen können sie super zu jeder Gelegenheit – wie es scheint ist die Hupe das Verständigungswerkzeug unter Verkehrsteilnehmern hier. Bloss reagiert wohl nur selten jemand drauf.

Ja uns zum Schluss noch das tolle Umweltbewusstsein, das sie wohl alle paar Meter an der Strasse zeigen müssen. „Keep Manali clean and green“-, „Litter free zone“-Schilder sieht man überall. Vor allem sind sie sehr stolz, dass es hier keine Plastiksackerl gibt, wäre ja schlecht fuer die Umwelt. Wenn man um Müllsäcke fragt – da man sich damit mit der Entsorgung ja wohl leichter tut – wird man nur ausgelacht oder ein bisschen verächtlich angeschaut. Anscheinend ist es besser alles einfach vor die Haustür oder beim Autofenster rauszuwerfen, was man sehr oft sieht – und es ist schon entsorgt! Ab in den Fluss damit – aus den Augen, aus dem Sinn! Sogar unser Fahrer grinst immer ein bisschen verständnislos wenn wir ihn bitten in der Früh am Weg zur Arbeit bei einem der 2 (!!!) Mülleimer von Manali stehenzubleiben, damit wir unser Packerl wegwerfen können – um unsre Wohnung gibt‘s weit und breit keine Entsorgungsbox. Beim ersten Mal als wir ihn gebeten haben, irgendwo stehenzubleiben um den Müll wegzuwerfen ist er einfach an die nächste Ecke gefahren und hat gemeint, wir sollen ihn einfach rauswerfen. Naja, auffallen würds ja nicht, nachdem wirklich viel Abfall an den Strassen herumliegt. Aber im Eimer ist‘s dann doch besser aufgehoben. Wobei, wenn man ein bisschen aus der „Stadt“ rauskommt und 1, 2 Täler weiterfährt ist es wirklich schön und fast müllfrei, aber wie auch im Norden wird es wohl daran liegen, dass die Bevölkerung dort nicht so dicht ist.

Es gibt noch viele viele kleine, erschreckende, lustige und verwunderliche Sachen über die man berichten könnte, aber dann müsste man einen Roman schreiben. Zumindest ist es immer wieder interessant die vielen sehr verschiedenen Seiten Indiens zu sehen.

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